Körnerstraße 26
Hier wohnte Frieda Göhre geb. Tölzing
Berta Ida Frieda Tölzing wurde am 20. November 1903 in Halle geboren. Nach erfolgreichem Abschluss der Schule erlernte sie den Beruf der Damenschneiderin. 1931 heiratete sie den Schlosser Friedrich Otto Göhre aus Halle, mit dem sie ein Kind bekam.
Frieda Göhres Krankenakte verrät folgendes über ihr Leben: Infolge einer Lungenerkrankung im Alter von einem Jahr lernte Frieda Göhre etwas später als normal laufen und sprechen und wurde auch ein Jahr später als gewöhnlich eingeschult. Laut den Krankenakten wird sie im Kindsalter als körperlich klein und zart gebaut beschrieben. Ihr Ehemann gab an, dass „sie von Charakter immer ernst und besinnlich gewesen“ sei.
Im Jahr 1934 veränderte sich Friedas Wesen. Sie hörte Stimmen, war erregt und „vernachlässigte ihr Kind und die Wirtschaft“. Am 3. September 1934 wurde sie in die Universitätsnervenklinik Halle und später in die Landesheilanstalt Nietleben überwiesen. Als diese im Mai 1935 aufgelöste wurde, verlegte man Frieda Göhre in die Landesheilanstalt Altscherbitz, wo sie die letzten fünf Jahre ihres Lebens verbrachte. Diagnose: „Paranoide Schizophrenie mit Erregungszuständen“. Frieda Göhre erhielt ruhigstellende Medikamente und musste immer wieder „ins Netz“ – eine Einrichtung, mit denen Patienten ihrer Bewegungsfreiheit beraubt und im Bett festgehalten wurden. Noch heute kann im anstaltseigenen Museum in Schkeuditz ein solches Exemplar besichtigt werden.
1936 beantragte Friedas Ehemann die Annullierung der Ehe. Der behandelnde Abteilungsarzt von Frieda Göhre erstellte für das Landgericht Halle ein Gutachten in der „Eheanfechtungssache“. Er kommt zu dem Schluss: „Nach der wissenschaftlichen Erkenntnis ist die Schizophrenie eine Erbkrankheit. Die Beklagte besaß die krankhafte Erbmasse bereits bei Eingehung ihrer Ehe mit dem Kläger. Die Nachkommen werden zu einem hohen Hundertsatz die gleiche krankhafte Erbmasse erhalten. Ohne weiteres darf angenommen werden, dass der Kläger diese Frau nicht geheiratet hätte, wenn er ihre Veranlagung und deren Folgen für die Nachkommenschaft gekannt hätte.“
Der gleiche Arzt protokollierte in den folgenden Jahren das wechselhafte Verhalten seiner Patientin, ihre Reaktionen auf die Besuche von Mutter und ehemaliger Schwiegermutter. Im Januar 1940 notierte er: „Seit Anfang des Jahres zugänglich, freundlich, geordnet und arbeitsam.“ Im Juli 1940 beantragte die Mutter „auf mehrfach persönlich und schriftlich geäußerten Wunsch, meiner Tochter … einen Urlaub zu gewähren“. Der Arzt lehnte ab: „Das wechselnde aber überwiegend erregte und verkehrte Verhalten gestattet die Beurlaubung Ihrer Tochter vorläufig noch nicht.“ Die Krankenakte endet mit einem Vermerk in anderer Handschrift: „6.12.40. Auf Anordnung in eine unbekannte Anstalt verlegt.“
An diesem Tag wurde die 37-jährige Frieda Göhre nach Bernburg gebracht und in der Tötungskammer der „Heil- und Pflegeanstalt“ mit Gas ermordet.
Frieda Göhres Krankenakte verrät folgendes über ihr Leben: Infolge einer Lungenerkrankung im Alter von einem Jahr lernte Frieda Göhre etwas später als normal laufen und sprechen und wurde auch ein Jahr später als gewöhnlich eingeschult. Laut den Krankenakten wird sie im Kindsalter als körperlich klein und zart gebaut beschrieben. Ihr Ehemann gab an, dass „sie von Charakter immer ernst und besinnlich gewesen“ sei.
Im Jahr 1934 veränderte sich Friedas Wesen. Sie hörte Stimmen, war erregt und „vernachlässigte ihr Kind und die Wirtschaft“. Am 3. September 1934 wurde sie in die Universitätsnervenklinik Halle und später in die Landesheilanstalt Nietleben überwiesen. Als diese im Mai 1935 aufgelöste wurde, verlegte man Frieda Göhre in die Landesheilanstalt Altscherbitz, wo sie die letzten fünf Jahre ihres Lebens verbrachte. Diagnose: „Paranoide Schizophrenie mit Erregungszuständen“. Frieda Göhre erhielt ruhigstellende Medikamente und musste immer wieder „ins Netz“ – eine Einrichtung, mit denen Patienten ihrer Bewegungsfreiheit beraubt und im Bett festgehalten wurden. Noch heute kann im anstaltseigenen Museum in Schkeuditz ein solches Exemplar besichtigt werden.
1936 beantragte Friedas Ehemann die Annullierung der Ehe. Der behandelnde Abteilungsarzt von Frieda Göhre erstellte für das Landgericht Halle ein Gutachten in der „Eheanfechtungssache“. Er kommt zu dem Schluss: „Nach der wissenschaftlichen Erkenntnis ist die Schizophrenie eine Erbkrankheit. Die Beklagte besaß die krankhafte Erbmasse bereits bei Eingehung ihrer Ehe mit dem Kläger. Die Nachkommen werden zu einem hohen Hundertsatz die gleiche krankhafte Erbmasse erhalten. Ohne weiteres darf angenommen werden, dass der Kläger diese Frau nicht geheiratet hätte, wenn er ihre Veranlagung und deren Folgen für die Nachkommenschaft gekannt hätte.“
Der gleiche Arzt protokollierte in den folgenden Jahren das wechselhafte Verhalten seiner Patientin, ihre Reaktionen auf die Besuche von Mutter und ehemaliger Schwiegermutter. Im Januar 1940 notierte er: „Seit Anfang des Jahres zugänglich, freundlich, geordnet und arbeitsam.“ Im Juli 1940 beantragte die Mutter „auf mehrfach persönlich und schriftlich geäußerten Wunsch, meiner Tochter … einen Urlaub zu gewähren“. Der Arzt lehnte ab: „Das wechselnde aber überwiegend erregte und verkehrte Verhalten gestattet die Beurlaubung Ihrer Tochter vorläufig noch nicht.“ Die Krankenakte endet mit einem Vermerk in anderer Handschrift: „6.12.40. Auf Anordnung in eine unbekannte Anstalt verlegt.“
An diesem Tag wurde die 37-jährige Frieda Göhre nach Bernburg gebracht und in der Tötungskammer der „Heil- und Pflegeanstalt“ mit Gas ermordet.
Weitere Informationen
Gemeingefährlich. Psychiatrie im Nationalsozialismus
Ein Film von Carolin Schneider und Kristin Zimmermann.
Entstanden im Rahmen des Projekts „Stolpersteine – Filme gegen das Vergessen“ des Masterstudiengangs MultiMedia & Autorschaft an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, 2015.
Ein Film von Carolin Schneider und Kristin Zimmermann.
Entstanden im Rahmen des Projekts „Stolpersteine – Filme gegen das Vergessen“ des Masterstudiengangs MultiMedia & Autorschaft an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, 2015.
Quellen
Bundesarchiv