Lesung und Gespräch mit Udo Grashoff: „Gefahr von innen. Verrat im kommunistischen Widerstand gegen den Nationalsozialismus“
Der kommunistische Widerstand gegen den Nationalsozialismus in der Praxis: spannungsvoll und widersprüchlich.
Verrat hatte verheerende Auswirkungen im kommunistischen Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Es handelte sich um eine periphere, der Partei aufgezwungene und zugleich todernste Angelegenheit, die nicht nur über das Leben des Einzelnen entscheiden konnte, sondern die versprengten Reste der Kommunistischen Parteiorganisation existenziell bedrohte. Udo Grashoff unternimmt die erste systematische Analyse der Erscheinungsformen von Verrat in der illegal tätigen KPD im »Dritten Reich«. In den Blick geraten dabei unter anderem das kommunistische Überläufertum im Jahr 1933, die Kollaboration von Mitarbeitern des KPD-Nachrichtendienstes mit der Gestapo, die Resignation von emigrierten Kommunisten und die Haltung der KPD zu Spitzeltötungen. Der Autor untersucht ein breites Spektrum von Verhaltensweisen, das von skrupellosem, durch Folter erzwungenen bis zu simuliertem Verrat reicht. Zahlreiche Geschichten von Schwäche, Gewalt, Tragik und Niedertracht machen die Blindstellen des normativen Bildes sichtbar, das insbesondere, aber nicht nur, in der DDR vom »antifaschistischen Widerstandskampf« vermittelt wurde.
Udo Grashoff, geb. 1966 in Halle (Saale), studierte Biochemie in Halle und Geschichte und Literatur in Leipzig. Er ist Autor zahlreicher Radiofeatures und hat mehrere Ausstellungen zu historischen Themen konzipiert. 2006 wurde er in Leipzig zum Thema »Selbsttötungen in der DDR« promoviert, im Jahr 2019 ebendort habilitiert. Derzeit lehrt er an der Universität Leipzig. Forschungsschwerpunkte sind die Geschichte der DDR und des »Dritten Reiches«. Er ist Vorsitzender des Zeit-Geschichte(n) e.V.
Moderation: Andrej Stephan
Eintritt 8.00 € / 5.00 € ermäßigt