IN MEMORIAM

Dietrich Bohley
*13.5.1941
+16.1.2024

Foto: Anselm Bohley ©


Eigenmächtig, widerständig, humorvoll
Der hallesche Maler Dietrich Bohley ist tot.

Erschienen in der Mitteldeutschen Zeitung vom 26.1.2024

von CHRISTIAN EGER

Fotografieren ließ er sich ungern. Er sei nicht so schön wie sein Maler-Kollege Wasja Götze, spottete Dietrich Bohley. Statt dessen zeigte er das: Eigensinn und Humor. Befeuert von einem Lachen, das  streitlustig herausforderte.  „Ich lache gern“, sagte der hallesche Maler. „Auch gerne aus.“
Ein ungewöhnlicher Mann – als Künstler und als Zeitgenosse.  Hineingeboren in den  halleschen Bohley-Clan, kam der „Dille“ genannte Dietrich  1941 als Viertältester von sieben Brüdern auf die Welt. Alle verweigerten den Wehrdienst. Der in den Westen vertriebene Biochemiker Peter „Pelle“ Bohley hat über die Familie  ein zeitgeschichtlich ergiebiges Buch veröffentlicht: „Sieben Brüder auf einer fliegenden Schildkröte“.
Die Kunst war von früh an dabei. Zuerst wollte Dietrich Bohley Schauspieler werden, dann Architekt; das Studium wurde ihm verwehrt. 1963 begann er mit der Theologie in Halle, die er nach der Exmatrikulation am kirchlichen  Oberseminar in Naumburg fortsetzte. Bei einem Drei-Tage-Fasching in Berlin begegnete ihm 1969 die Kunststudentin Bärbel Brosius, die Dietrich  heiratete und später als Bürgerrechtlerin Bärbel Bohley weltberühmt wurde.
Mit der Ehe entschied sich das Paar für die Existenz als freie Künstler. Der Sohn Anselm wurde geboren, die Ehe  1977 geschieden, aber Dietrich Bohley blieb bei der Kunst. Weil er  den Waffendienst ablehnte, kam er 1980 in Untersuchungshaft, da war er bereits drei Jahre Mitglied im Künstlerverband.
Seine Kunst: Ursprünglich kam sie von Francis Bacon und Goya her, figürlicher Ausdruckskunst. In den 1980er Jahren bog  Bohley ab in die abstrakte Kunst – hin zum Spiel,  zu musterhaften Strukturen, in denen er, der   auch ein Philosoph war, sich selbst mitteilte.  Die Kollegen  Möhwald und  Niemeyer-Holstein bewunderte er.
Mittendrin am Rand und buchstäblich obenauf. So lebte der Maler, der ein zweites Mal heiratete: 100 Stufen  hoch über der Ecke Geiststraße und Universitätsring. Blick  bis Neustadt und Schkopau, drei Balkone, im Sommer  mit Kübelpalme nach Süden. Die wird nicht mehr zu sehen sein, wenn künftig der Blick über die Kastanien die Fassade hinauf zum Dachgeschoss klettert. Wie seine Familie mitteilte, ist Dietrich Bohley am 16. Januar in Halle gestorben. Er wurde 82 Jahre alt.

 

Eintrag zu Dietrich Bohley auf der Seite der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg zu Politischer Verfolgung und Widerstand an der MLU