August-Bebel-Straße 59
(ehemals Friedrichstraße)
Hier wohnten Rosalie Levi geb. Lesser und ihre Tochter Leonie Levi
Rosalie Lesser wurde am 16. Januar 1866 im ostbrandenburgischen Ziebingen (heute Cybinka/Polen) geboren. Mit 20 Jahren heiratete sie den elf Jahre
älteren Weinhändler Emil Levi und bekam mit ihm vier Kinder: Elisabeth Hedwig (*1887), Leonie (*1889), Hermann Ernst (*1896) und Hans Gottfried (*1899). 1910 starb Vater Emil Levi. Sein Grab befindet sich in Halle auf dem Jüdischen Friedhof in der Humboldtstraße.
Rosalie Levi und ihre unverheiratete Tochter Leonie, die als Verkäuferin arbeitete, wohnten zunächst in der Bernburger Straße 5 bei Sohn Hermann, dem Inhaber einer Handelsfirma für Getreide und Futtermittel mit Sitz in Halle, Anhalter Straße 9c. 1934 wurde Hermann Levi zwischenzeitlich in „Schutzhaft“ genommen, er floh 1936 nach Tallinn/Estland. Im Halleschen Adressbuch von 1938 ist daraufhin seine Mutter Rosalie Levi als Inhaberin der Handelsfirma verzeichnet.
Rosalie und Leonie Levi wechselten in den darauffolgenden Jahren mehrfach die Wohnung. Zuletzt wohnten sie in der Friedrichstraße 59 (heute August-Bebel- Straße). Nachdem die nationalsozialistischen „Rassengesetze“ Juden und „Ariern“ verboten, gemeinsam unter einem Dach zu wohnen, mussten auch Rosalie und Leonie Levi ihre Wohnung zwangsweise verlassen. Rosalie Levi zog zunächst in das sogenannte „Judenhaus“ Am Steintor 18. Ab 23. Mai 1941 lebte sie im angeblichen „Altersheim“ auf dem Grundstück des Jüdischen Friedhofs, Dessauer Straße 24 (ehemals Boelckestraße). In Wahrheit pferchte man hier die Menschen bis zur Deportation auf engstem Raum zusammen.
Leonie Levi wurde in das „Judenhaus“ Magdeburger Straße 7 (ehemals Hindenburgstraße 34) eingewiesen. Am 1. Juni 1942 wurde die 76-jährige Rosalie Levi gemeinsam mit ihrer 52-jährigen Tochter Leonie und 153 weiteren Juden aus Halle deportiert und gleich nach der Ankunft am 3. Juni 1942 im Vernichtungslager Sobibor bei Lublin mit Gas ermordet.
Rosalies jüngstem Sohn Hans Levi, der als Richter in Berlin lebte, wurde 1933 aufgrund des nationalsozialistischen „Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ seine Approbation als Rechtsanwalt entzogen. Er floh 1938 nach Australien.
Elisabeth, die älteste Tochter, wohnte mit ihrer Familie am Friedemann-Bach-Platz (ehemals Paradeplatz). Sie war zum christlichen Glauben konvertiert und mit Robert Zipser verheiratet, der die Familie jedoch verlassen hatte. Ihrer gemeinsamen Tochter Emmi (*1917) gelang die Flucht in die USA. Auch Elisabeth Zipser wurde in das Sammellager am Jüdischen Friedhof in der Dessauer Straße eingewiesen und am 13. Januar 1944 in das „Ghetto” Theresienstadt deportiert. Sie überlebte.
Nach mündlicher Familienüberlieferung war es Elisabets Sohn Karl Andreas Zipser (*1918), der nach Kriegsende einen Bus mietete und nicht nur seine Mutter, sondern alle noch in Theresienstadt befindlichen Hallenser nach Hause brachte. Es sei sehr gefährlich gewesen, wenn er in der Tschechoslowakei, wo die Vertreibung der Sudetendeutschen begonnen hatte, als Deutscher erkannt worden wäre. Karl Andreas Zipser hat in Halle überlebt. Als die Gestapo ihn 1944 abholen wollte, sei er aus einem hinteren Fenster seiner Wohnung geflohen. Eine Hallenserin, eine „Kommunistin mit einer Tankstelle“, habe ihn bis Kriegsende versteckt.
Die schwerkranke Elisabeth Zipser wanderte zunächst zu ihrem in Australien lebenden Bruder aus, zog aber später zu ihrer Tochter nach Cleveland/USA, wo sie 1957 starb. Auch Karl Andreas Zipser wanderte in die USA aus, kehrte jedoch 1957 nach Westdeutschland zurück. Er starb 1995. Jahrzehntelang hatte er vergeblich versucht, etwas über den Verbleib seiner Großmutter Rosalie und seiner Tante Leonie in Erfahrung zu bringen.
Hans Levi starb 1977 in Killara/Australien. Hermann Levi, der sich 1936 nach Tallin gerettet hatte, musste 1941 auch dort vor den einziehenden deutschen Truppen fliehen. Er starb 1979 in Tallinn, wohin er nach dem Krieg zurückgekehrt war.
Rosalie Levi und ihre unverheiratete Tochter Leonie, die als Verkäuferin arbeitete, wohnten zunächst in der Bernburger Straße 5 bei Sohn Hermann, dem Inhaber einer Handelsfirma für Getreide und Futtermittel mit Sitz in Halle, Anhalter Straße 9c. 1934 wurde Hermann Levi zwischenzeitlich in „Schutzhaft“ genommen, er floh 1936 nach Tallinn/Estland. Im Halleschen Adressbuch von 1938 ist daraufhin seine Mutter Rosalie Levi als Inhaberin der Handelsfirma verzeichnet.
Rosalie und Leonie Levi wechselten in den darauffolgenden Jahren mehrfach die Wohnung. Zuletzt wohnten sie in der Friedrichstraße 59 (heute August-Bebel- Straße). Nachdem die nationalsozialistischen „Rassengesetze“ Juden und „Ariern“ verboten, gemeinsam unter einem Dach zu wohnen, mussten auch Rosalie und Leonie Levi ihre Wohnung zwangsweise verlassen. Rosalie Levi zog zunächst in das sogenannte „Judenhaus“ Am Steintor 18. Ab 23. Mai 1941 lebte sie im angeblichen „Altersheim“ auf dem Grundstück des Jüdischen Friedhofs, Dessauer Straße 24 (ehemals Boelckestraße). In Wahrheit pferchte man hier die Menschen bis zur Deportation auf engstem Raum zusammen.
Leonie Levi wurde in das „Judenhaus“ Magdeburger Straße 7 (ehemals Hindenburgstraße 34) eingewiesen. Am 1. Juni 1942 wurde die 76-jährige Rosalie Levi gemeinsam mit ihrer 52-jährigen Tochter Leonie und 153 weiteren Juden aus Halle deportiert und gleich nach der Ankunft am 3. Juni 1942 im Vernichtungslager Sobibor bei Lublin mit Gas ermordet.
Rosalies jüngstem Sohn Hans Levi, der als Richter in Berlin lebte, wurde 1933 aufgrund des nationalsozialistischen „Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ seine Approbation als Rechtsanwalt entzogen. Er floh 1938 nach Australien.
Elisabeth, die älteste Tochter, wohnte mit ihrer Familie am Friedemann-Bach-Platz (ehemals Paradeplatz). Sie war zum christlichen Glauben konvertiert und mit Robert Zipser verheiratet, der die Familie jedoch verlassen hatte. Ihrer gemeinsamen Tochter Emmi (*1917) gelang die Flucht in die USA. Auch Elisabeth Zipser wurde in das Sammellager am Jüdischen Friedhof in der Dessauer Straße eingewiesen und am 13. Januar 1944 in das „Ghetto” Theresienstadt deportiert. Sie überlebte.
Nach mündlicher Familienüberlieferung war es Elisabets Sohn Karl Andreas Zipser (*1918), der nach Kriegsende einen Bus mietete und nicht nur seine Mutter, sondern alle noch in Theresienstadt befindlichen Hallenser nach Hause brachte. Es sei sehr gefährlich gewesen, wenn er in der Tschechoslowakei, wo die Vertreibung der Sudetendeutschen begonnen hatte, als Deutscher erkannt worden wäre. Karl Andreas Zipser hat in Halle überlebt. Als die Gestapo ihn 1944 abholen wollte, sei er aus einem hinteren Fenster seiner Wohnung geflohen. Eine Hallenserin, eine „Kommunistin mit einer Tankstelle“, habe ihn bis Kriegsende versteckt.
Die schwerkranke Elisabeth Zipser wanderte zunächst zu ihrem in Australien lebenden Bruder aus, zog aber später zu ihrer Tochter nach Cleveland/USA, wo sie 1957 starb. Auch Karl Andreas Zipser wanderte in die USA aus, kehrte jedoch 1957 nach Westdeutschland zurück. Er starb 1995. Jahrzehntelang hatte er vergeblich versucht, etwas über den Verbleib seiner Großmutter Rosalie und seiner Tante Leonie in Erfahrung zu bringen.
Hans Levi starb 1977 in Killara/Australien. Hermann Levi, der sich 1936 nach Tallin gerettet hatte, musste 1941 auch dort vor den einziehenden deutschen Truppen fliehen. Er starb 1979 in Tallinn, wohin er nach dem Krieg zurückgekehrt war.
Weitere Informationen
Das Leben in der Boelckestraße 24 – Auf den Spuren von Isidor und Frieda Hirsch
Ein Film von Inga Dauter, Doreen Hoyer und Elisabeth Schinner (2014, 13 Min)
Entstanden im Rahmen des Projekts „Stolpersteine – Filme gegen das Vergessen“ des Masterstudiengangs MultiMedia & Autorschaft an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, 2014
Ein Film von Inga Dauter, Doreen Hoyer und Elisabeth Schinner (2014, 13 Min)
Entstanden im Rahmen des Projekts „Stolpersteine – Filme gegen das Vergessen“ des Masterstudiengangs MultiMedia & Autorschaft an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, 2014
Quellen
Carla Zipser, Bericht an den Zeit-Geschichte(n) e.V. (2011)
Volkhard Winkelmann und ehemaliges Schülerprojekt "Juden in Halle" des Südstadt-Gymnasiums Halle (Hrsg.): Unser Gedenkbuch für die Toten des Holocaust in Halle. 3. Auflage (2008)
Eintrag zu Rosalie Levi
Eintrag zu Leonie Levi
Volkhard Winkelmann und ehemaliges Schülerprojekt "Juden in Halle" des Südstadt-Gymnasiums Halle (Hrsg.): Unser Gedenkbuch für die Toten des Holocaust in Halle. 3. Auflage (2008)
Eintrag zu Rosalie Levi
Eintrag zu Leonie Levi