Die mitteldeutschen Industriegebiete um Halle gehörten zu den aktivsten Zentren des Juni-Aufstandes in der DDR.
Am 17. und 18. Juni 1953 demonstrierten hier etwa 160 000 Menschen gegen die Politik der SED. In Halle kam es noch bis zum 19. Juni zu Streiks und Kundgebungen. Erst nach einer zweiten Welle lokaler Streiks im Juli wurde der Widerstand endgültig gebrochen.
Die wichtigsten Forderungen, denen mit einer Generalstreikdrohung Nachdruck verliehen wurde, waren: „Rücktritt der Regierung”, „Freilassung aller politischen Gefangenen”, „Freie Wahlen zur Herstellung der deutschen Einheit”, „Abschaffung der neuen Arbeitsnormen”, „Senkung der Preise in den HO-Geschäften”. Der 17. Juni 1953
Das am Vortage in Berlin gegebene Signal zum Generalstreik hat sich inzwischen über das gesamte Land verbreitet. In Halle lösen die Ammendorfer Waggonbauer (damals LOWA) im Süden der Stadt die Streik- und Protestwelle aus. Ihrem Marsch in Richtung Stadtmitte schließen sich Belegschaften am Wege liegender Betriebe, Personal der Poliklinik Süd und Menschen aus anderen Bevölkerungskreisen an.
Ca. 8 000 Demonstranten erreichen gegen 12 Uhr den Thälmann-Platz (heute Riebeck-Platz)
Eine Gruppe junger Arbeiter versucht in das „weiße Haus”, den Sitz der SED-Stadtleitung einzudringen. Mit Pistolenschüssen werden sie vom Wachschutz vertrieben. Ca. 30 Personen dringen in das Gerichtsgebäude am Hansering 40 ein und befreien einen gerade vor Gericht stehenden Angeklagten.
Die U-Haft Kleine Steinstraße wird erfolgreich belagert und alle Gefangenen befreit. Mehrere Personen werden schwer verletzt. Die SED-Bezirksleitung am Steintor wird gestürmt und Transparente, Plakate und Propagandamaterial auf die Straße geworfen. Im Rat des Bezirkes (Willy-Lohmann-Straße 7) werden Volkspolizisten entwaffnet und das Gebäude besetzt.
Demonstranten dringen in den Sitz der SED-Stadtbezirksleitung West im Marktschlösschen ein und werfen Akten aus den Fenstern. Am Reileck besetzen vier Studenten das Verkehrspostenhaus und rufen zur Demonstration um 18 Uhr auf dem Hallmarkt auf. Das Gleiche geschieht über die Lautsprecher des HO-Warenhauses am Markt . Gegen 14 Uhr findet die erste Kundgebung auf dem Hallmarkt statt. Auf dem Balkon des Umspannwerkes konstituiert sich das „Zentrale Streikkomitee” der Stadt Halle.
Eine Abordnung der Aufständischen erzwingt bei der Staatsanwaltschaft eine Vollmacht zur Freilassung aller politischen Häftlinge. Zur gleichen Zeit nähern sich ca. 700 Demonstranten dem Zuchthaus „Roter Ochse”. Mit einem LKW wird das Haupttor aufgedrückt, Menschen stürmen in den Hof. Die Wachmannschaft schießt in die Menge. Vier Männer werden erschossen und weitere zum Teil schwer verletzt. Auch am Eingang Hermannstraße werden zwei junge Männer erschossen und andere verletzt.
Gegen 18 Uhr sind ca. 60 000 Menschen auf dem Hallmarkt versammelt. Das Streikkomitee verkündet nochmals die Forderungen und ruft zum Generalstreik am 18. Juni auf. Die Versammelten singen das Deutschlandlied. Sowjetische Panzer rollen auf den Hallmarkt. Mit Handzetteln und Plakaten wird der Ausnahmezustand verkündet.
Trotzdem formiert sich ein weiterer Demonstrationszug, der über die Leipziger Str./ Riebeckplatz/ Steintor in Richtung Roter Ochse marschiert. Hier ist schon alles abgesperrt und die Demonstranten ziehen über das Neuwerk zum Robert-Franz-Ring. Als sie das Gebäude der Bezirksverwaltung des MfS passieren, wird von dort in die Menge geschossen. Ein junger Arbeiter wird tödlich getroffen. Die Menschen laufen in panischer Angst auseinander. Auf dem Markt gehen Volkspolizei (VP) und Kasernierte Volkspolizei (KVP) mit Bajonetten und Gewehrkolben gegen die Menschen vor.
Es kommt zu Massenverhaftungen.
Gegen 21.30 Uhr ist die Ausgangssperre in Halle durchgesetzt.
Am 18. Juni ist das Stadtzentrum von sowjetischen Panzern und KVP besetzt.
Eine junge Frau wird beim Überqueren des Marktplatzes erschossen.
Die Staatssicherheit in Halle wurde von den Ereignissen völlig überrascht.
Deshalb trat das MfS am 17. Juni kaum in Erscheinung. Erst in den folgenden Wochen entwickelte die Geheimpolizei wieder ihre gewohnten Aktivitäten.
In der Stadt Halle gab es 8 Tote (Aufständische und Unbeteiligte), 22 Schwerverletzte, davon 6 Vertreter der Staatsmacht, 6 mittelschwer Verletzte, davon 3 Vertreter der Staatsmacht, 15 Leichtverletzte, davon 7 Vertreter der Staatsmacht.
Bis zum 30. Juni 1953 wurden in der Stadt Halle 151 Personen (bis zum Mai 1954 insgesamt 171) festgenommen. 76 von ihnen wurden im Zeitraum von Juli 1953 bis August 1954 vom Bezirksgericht verurteilt zu:
1 Todesstrafe; Zuchthaus 162 Jahre u. 6 Monate; Gefängnis 67 Jahre und 10 Monate.
Der Hallmarkt trägt seit 2003 den Beinamen "Platz des 17. Juni", eine Gedenktafel erinnert an der Front des Umspannwerkes an den Volksaufstand. Eine am 17. Juni 2019 auf dem Universitätsplatz eingeweihte Stele erinnert an jene Universitätsmitglieder, die in SBZ und DDR politisch verfolgt wurdn oder sich politischer Verfolgung widersetzt haben.
Am 17. und 18. Juni 1953 demonstrierten hier etwa 160 000 Menschen gegen die Politik der SED. In Halle kam es noch bis zum 19. Juni zu Streiks und Kundgebungen. Erst nach einer zweiten Welle lokaler Streiks im Juli wurde der Widerstand endgültig gebrochen.
Die wichtigsten Forderungen, denen mit einer Generalstreikdrohung Nachdruck verliehen wurde, waren: „Rücktritt der Regierung”, „Freilassung aller politischen Gefangenen”, „Freie Wahlen zur Herstellung der deutschen Einheit”, „Abschaffung der neuen Arbeitsnormen”, „Senkung der Preise in den HO-Geschäften”. Der 17. Juni 1953
Das am Vortage in Berlin gegebene Signal zum Generalstreik hat sich inzwischen über das gesamte Land verbreitet. In Halle lösen die Ammendorfer Waggonbauer (damals LOWA) im Süden der Stadt die Streik- und Protestwelle aus. Ihrem Marsch in Richtung Stadtmitte schließen sich Belegschaften am Wege liegender Betriebe, Personal der Poliklinik Süd und Menschen aus anderen Bevölkerungskreisen an.
Ca. 8 000 Demonstranten erreichen gegen 12 Uhr den Thälmann-Platz (heute Riebeck-Platz)
Eine Gruppe junger Arbeiter versucht in das „weiße Haus”, den Sitz der SED-Stadtleitung einzudringen. Mit Pistolenschüssen werden sie vom Wachschutz vertrieben. Ca. 30 Personen dringen in das Gerichtsgebäude am Hansering 40 ein und befreien einen gerade vor Gericht stehenden Angeklagten.
Die U-Haft Kleine Steinstraße wird erfolgreich belagert und alle Gefangenen befreit. Mehrere Personen werden schwer verletzt. Die SED-Bezirksleitung am Steintor wird gestürmt und Transparente, Plakate und Propagandamaterial auf die Straße geworfen. Im Rat des Bezirkes (Willy-Lohmann-Straße 7) werden Volkspolizisten entwaffnet und das Gebäude besetzt.
Demonstranten dringen in den Sitz der SED-Stadtbezirksleitung West im Marktschlösschen ein und werfen Akten aus den Fenstern. Am Reileck besetzen vier Studenten das Verkehrspostenhaus und rufen zur Demonstration um 18 Uhr auf dem Hallmarkt auf. Das Gleiche geschieht über die Lautsprecher des HO-Warenhauses am Markt . Gegen 14 Uhr findet die erste Kundgebung auf dem Hallmarkt statt. Auf dem Balkon des Umspannwerkes konstituiert sich das „Zentrale Streikkomitee” der Stadt Halle.
Eine Abordnung der Aufständischen erzwingt bei der Staatsanwaltschaft eine Vollmacht zur Freilassung aller politischen Häftlinge. Zur gleichen Zeit nähern sich ca. 700 Demonstranten dem Zuchthaus „Roter Ochse”. Mit einem LKW wird das Haupttor aufgedrückt, Menschen stürmen in den Hof. Die Wachmannschaft schießt in die Menge. Vier Männer werden erschossen und weitere zum Teil schwer verletzt. Auch am Eingang Hermannstraße werden zwei junge Männer erschossen und andere verletzt.
Gegen 18 Uhr sind ca. 60 000 Menschen auf dem Hallmarkt versammelt. Das Streikkomitee verkündet nochmals die Forderungen und ruft zum Generalstreik am 18. Juni auf. Die Versammelten singen das Deutschlandlied. Sowjetische Panzer rollen auf den Hallmarkt. Mit Handzetteln und Plakaten wird der Ausnahmezustand verkündet.
Trotzdem formiert sich ein weiterer Demonstrationszug, der über die Leipziger Str./ Riebeckplatz/ Steintor in Richtung Roter Ochse marschiert. Hier ist schon alles abgesperrt und die Demonstranten ziehen über das Neuwerk zum Robert-Franz-Ring. Als sie das Gebäude der Bezirksverwaltung des MfS passieren, wird von dort in die Menge geschossen. Ein junger Arbeiter wird tödlich getroffen. Die Menschen laufen in panischer Angst auseinander. Auf dem Markt gehen Volkspolizei (VP) und Kasernierte Volkspolizei (KVP) mit Bajonetten und Gewehrkolben gegen die Menschen vor.
Es kommt zu Massenverhaftungen.
Gegen 21.30 Uhr ist die Ausgangssperre in Halle durchgesetzt.
Am 18. Juni ist das Stadtzentrum von sowjetischen Panzern und KVP besetzt.
Eine junge Frau wird beim Überqueren des Marktplatzes erschossen.
Die Staatssicherheit in Halle wurde von den Ereignissen völlig überrascht.
Deshalb trat das MfS am 17. Juni kaum in Erscheinung. Erst in den folgenden Wochen entwickelte die Geheimpolizei wieder ihre gewohnten Aktivitäten.
In der Stadt Halle gab es 8 Tote (Aufständische und Unbeteiligte), 22 Schwerverletzte, davon 6 Vertreter der Staatsmacht, 6 mittelschwer Verletzte, davon 3 Vertreter der Staatsmacht, 15 Leichtverletzte, davon 7 Vertreter der Staatsmacht.
Bis zum 30. Juni 1953 wurden in der Stadt Halle 151 Personen (bis zum Mai 1954 insgesamt 171) festgenommen. 76 von ihnen wurden im Zeitraum von Juli 1953 bis August 1954 vom Bezirksgericht verurteilt zu:
1 Todesstrafe; Zuchthaus 162 Jahre u. 6 Monate; Gefängnis 67 Jahre und 10 Monate.
Der Hallmarkt trägt seit 2003 den Beinamen "Platz des 17. Juni", eine Gedenktafel erinnert an der Front des Umspannwerkes an den Volksaufstand. Eine am 17. Juni 2019 auf dem Universitätsplatz eingeweihte Stele erinnert an jene Universitätsmitglieder, die in SBZ und DDR politisch verfolgt wurdn oder sich politischer Verfolgung widersetzt haben.
Nach dem 17. Juni 1953
Mit der Besetzung durch russische Panzer ging „die Straße” als Ort für politische Willensäußerungen verloren. Von nun an herrschte hier nur noch die SED-Propaganda. Einzelne Versuche, dieses Diktat zu durchbrechen – wie Flugblattaktionen (1968 gegen die Zerschlagung des Prager Frühlings und 1976 gegen die Ausbürgerung von Wolf Biermann) – beantwortete die Macht mit flächendeckenden Fahndungen und Verhaftungen.
Auch an der Universität war der Widerstand gebrochen. Gab es Anfang der fünfziger Jahre noch Aktionen gegen die Zwangsvereinnahmung durch SED und FDJ – „Wir wollen einen Studentenrat und keinen SED-Rat” stand an der Mauer des Hauptgebäudes 25 – verzeichnete man 1958 eine „Höchstquote an westflüchtigen Wissenschaftlern”.
Die Mehrzahl der Bürger passte sich den Verhältnissen an. Andere wehrten sich gegen Denkverbote, Gleichschaltung und verordnetes Grau und erfanden neue Formen widerständigen Verhaltens:
Es entstanden die für Halle in den nächsten Jahren typischen Gruppen und Freundeskreise.
Öffentliches Leben in privaten Wohnungen – immer am Rande der Legalität, denn was legal und was strafbar war, entschied die Staatsmacht. Gummi-Paragraphen wie „Staatsfeindliche Gruppenbildung”, „Staatsfeindliche Hetze”, „Staatsfeindliche Verbindungsaufnahme” oder „Rowdytum” konnten jederzeit in Anwendung kommen und wer solcherart kriminalisiert wurde, hatte keine Chance, einer Verurteilung zu entgehen.
Mit der Besetzung durch russische Panzer ging „die Straße” als Ort für politische Willensäußerungen verloren. Von nun an herrschte hier nur noch die SED-Propaganda. Einzelne Versuche, dieses Diktat zu durchbrechen – wie Flugblattaktionen (1968 gegen die Zerschlagung des Prager Frühlings und 1976 gegen die Ausbürgerung von Wolf Biermann) – beantwortete die Macht mit flächendeckenden Fahndungen und Verhaftungen.
Auch an der Universität war der Widerstand gebrochen. Gab es Anfang der fünfziger Jahre noch Aktionen gegen die Zwangsvereinnahmung durch SED und FDJ – „Wir wollen einen Studentenrat und keinen SED-Rat” stand an der Mauer des Hauptgebäudes 25 – verzeichnete man 1958 eine „Höchstquote an westflüchtigen Wissenschaftlern”.
Die Mehrzahl der Bürger passte sich den Verhältnissen an. Andere wehrten sich gegen Denkverbote, Gleichschaltung und verordnetes Grau und erfanden neue Formen widerständigen Verhaltens:
Es entstanden die für Halle in den nächsten Jahren typischen Gruppen und Freundeskreise.
Öffentliches Leben in privaten Wohnungen – immer am Rande der Legalität, denn was legal und was strafbar war, entschied die Staatsmacht. Gummi-Paragraphen wie „Staatsfeindliche Gruppenbildung”, „Staatsfeindliche Hetze”, „Staatsfeindliche Verbindungsaufnahme” oder „Rowdytum” konnten jederzeit in Anwendung kommen und wer solcherart kriminalisiert wurde, hatte keine Chance, einer Verurteilung zu entgehen.
Es bildeten sich Lesekreise (Friedenstr. 31 und Ulestr. 15), politische Diskussionszirkel (Fleischerstr. 41 , Jägerplatz 19 – Verhaftungen 1973, Spitze 22), Philosophiezirkel (Senffstr.11 und Kellnerstr.11).
1969 gründete sich der Aktionskreis Halle (AKH) in der katholischen Gemeinde Heilig Kreuz (Gütchenstr.21) und verschickte Rundbriefe mit dem erklärten Ziel „in einer autoritären Kirche und einem totalitären Staat, Demokratie zu üben”.
Auch scheinbar ganz unpolitischen Aktionen, wie der ab 1973 jährlich stattfindenden „Petersberg-Rallye” einer Radtour bunt kostümierter, gutgelaunter junger Leute mit vielen Kindern von der Burg Giebichenstein zum Petersberg, kam – unter den Bedingungen der Diktatur – der Rang einer Demonstration freier Selbstbestimmung zu und sie wurde vom MfS wie eine politische Kundgebung beobachtet und mit heimlich gemachten Fotos und IM-Berichten dokumentiert. Feste mit selbstinszenierten Varietevorführungen und Versteigerungen ersetzten fehlende öffentliche Kulturangebote (Grellstr. 2, Kirschbergweg10, Rainstraße). 1977 wurde der Erlös einer solchen Versteigerung der Familie eines, im Zusammenhang mit der Biermann-Ausbürgerung, politisch Inhaftierten übergeben. Künstler, deren Bilder man in öffentlichen Galerien vergeblich suchte, veranstalteten Ausstellungen in Hinterhöfen (Burgstr. 61) oder Abrisshäusern („Feuchtraumgalerie” Fleischerstr. 13). In den Jahren nach der Biermann-Ausbürgerung 1976 stieg auch in Halle die Zahl der Ausreiseanträge enorm an. Wenigen gelang die Flucht über osteuropäische Grenzen in den Westen. Viele saßen bis zum Freikauf durch die Bundesregierung im Gefängnis. 1977 begann ein Diakon im Neubaugebiet Halle-Neustadt, im Brennpunkt gravierender sozialer Probleme, mit Offener Jugend-Sozial-Arbeit. Beliebt bei den Jugendlichen, misstrauisch beobachtet vom Staat und der traditionellen Kirchengemeinde, organisierte er u. a. „Jugendwerkstatttage”, die sich zunehmend mit Friedens- und Umweltproblemen befassten.
1983 organisierten die Jugendlichen am Weltumwelttag eine Fahrraddemo nach Buna. Die Teilnehmer versammelten sich an der Lutherkirche, (Damaschkestr.100) kamen aber nur bis zum Ortsausgang Ammendorf, wo sie von der Polizei festgenommen und zu Verhören gebracht wurden.
In den 1980er Jahren waren es vor allem die Umweltprobleme im Chemiedreieck Halle-Leuna-Bitterfeld, die zunehmende Militarisierung der Gesellschaft, mit Wehrkundeunterricht an den Schulen, einem neuen Kindergartengesetz und einem neuen Wehrdienstgesetz (das die Rekrutierung von Frauen vorsah), Menschenrechte und Ausreiseproblematik, die kritische Bürgerinnen und Bürger beschäftigte und sie in frei gebildeten Gruppen zusammenführte.
Da freie Zusammenkünfte die Beteiligten der Gefahr von Strafverfolgung aussetzten und viele der Aktiven selbst Kirchenmitglieder waren, entstanden Gruppen unter dem Dach der Evangelischen Kirche, die allen Interessierten offenstanden:
- Frauen für den Frieden
- Ärzte zur Verhinderung eines Atomkrieges (Mitglied bei IPPNW)
- Ökologische Arbeitsgruppe (ÖAG)
- AG Homosexualität und Kirche
- AG Menschenrechte
- Kirche von Unten
- Solidarische Kirche
- Umweltbibliothek.
Es gab Friedenswerkstätten, die Aktion „Schwerter zu Pflugscharen”, Klagegottesdienste, Politische Nachtgebete, „Fasten für das Leben”, Punk-Konzerte, Protestaktionen gegen Saale-Verschmutzung, gegen Asphaltierung der Heide-Wege, Lesungen, Solidaritätskonzerte, Aktionen zum Weltfriedenstag (ein Kinderfest am 1.9.83 im Hof der Moritzkirche war begleitet von Verhaftungen von Mitgliedern der Vorbereitungsgruppe), Weltumwelttag (Aktion „Mobil ohne Auto”) und „Die BRÜCKE”, einen Stern-Marsch zum Abschluss der jährlich stattfindenden Friedensdekade, der 1987 erstmals auch mit Kerzen, Plakaten und anderen Friedenssymbolen von der Petruskirche (Kröllwitz), über die Bartholomäuskirche (Giebichenstein) und die Friedenskirche (Ludwig-Wucherer-Str. 39) zur Marktkirche zog. Um die Erhaltung denkmalgeschützter Bausubstanz sorgte sich der „Arbeitskreis Innenstadt” (AKI). In selbstorganisierten Arbeitseinsätzen sicherte eine Gruppe junger Leute mit provisorischen Mitteln vom Einsturz bedrohte Häuser und rettete dadurch einige Gebäude vor dem totalen Ruin (zum Beispiel Schmeerstr. 25, heute Sitz des AKI). Zivilcourage bewies auch die Archivarin der Jüdischen Gemeinde, Große Märkerstr. 13, als sie sich sich mit der Staatsmacht anlegte, indem sie das Ergebnis eigener Nachforschungen öffentlich machte: Die vom Staat eingesetzte Vorsitzende war nicht das Kind jüdischer Eltern, als das sie sich ausgab – sie diente der SED, um nach außen die Existenz einer jüdischen Gemeinde zu demonstrieren, nach innen aber jedes eigenständige jüdische Leben zu verhindern.
Die ÖAG druckte ab 1984 das „Blattwerk”.
Gegen Ende der achtziger Jahre wurden die „Nachtgebete” in der Marktkirche, später Gesundbrunnengemeinde (Diesterwegstr. 15), zu einem Treffpunkt für Ausreise-Antragsteller. Ab 1988 erschien auch eine gleichnamige selbstgedruckte Zeitung.
Nach der Zerschlagung der offenen Jugendarbeit in Halle-Neustadt, durch Verhaftung des Jugenddiakons (1983) ging diese Arbeit in der Christuskirche (Freiimfelderstr. 89) weiter, wo auch die ersten DDR-weiten Punker-Treffen stattfanden.
In der Georgenkirche (Glauchaer Str.77) 45 entstand 1988 eine Basisgruppe der Kirche von Unten, die dann im Herbst 1989 mit einer Mahnwache zum Informationszentrum für die Öffentlichkeit wurde.
1969 gründete sich der Aktionskreis Halle (AKH) in der katholischen Gemeinde Heilig Kreuz (Gütchenstr.21) und verschickte Rundbriefe mit dem erklärten Ziel „in einer autoritären Kirche und einem totalitären Staat, Demokratie zu üben”.
Auch scheinbar ganz unpolitischen Aktionen, wie der ab 1973 jährlich stattfindenden „Petersberg-Rallye” einer Radtour bunt kostümierter, gutgelaunter junger Leute mit vielen Kindern von der Burg Giebichenstein zum Petersberg, kam – unter den Bedingungen der Diktatur – der Rang einer Demonstration freier Selbstbestimmung zu und sie wurde vom MfS wie eine politische Kundgebung beobachtet und mit heimlich gemachten Fotos und IM-Berichten dokumentiert. Feste mit selbstinszenierten Varietevorführungen und Versteigerungen ersetzten fehlende öffentliche Kulturangebote (Grellstr. 2, Kirschbergweg10, Rainstraße). 1977 wurde der Erlös einer solchen Versteigerung der Familie eines, im Zusammenhang mit der Biermann-Ausbürgerung, politisch Inhaftierten übergeben. Künstler, deren Bilder man in öffentlichen Galerien vergeblich suchte, veranstalteten Ausstellungen in Hinterhöfen (Burgstr. 61) oder Abrisshäusern („Feuchtraumgalerie” Fleischerstr. 13). In den Jahren nach der Biermann-Ausbürgerung 1976 stieg auch in Halle die Zahl der Ausreiseanträge enorm an. Wenigen gelang die Flucht über osteuropäische Grenzen in den Westen. Viele saßen bis zum Freikauf durch die Bundesregierung im Gefängnis. 1977 begann ein Diakon im Neubaugebiet Halle-Neustadt, im Brennpunkt gravierender sozialer Probleme, mit Offener Jugend-Sozial-Arbeit. Beliebt bei den Jugendlichen, misstrauisch beobachtet vom Staat und der traditionellen Kirchengemeinde, organisierte er u. a. „Jugendwerkstatttage”, die sich zunehmend mit Friedens- und Umweltproblemen befassten.
1983 organisierten die Jugendlichen am Weltumwelttag eine Fahrraddemo nach Buna. Die Teilnehmer versammelten sich an der Lutherkirche, (Damaschkestr.100) kamen aber nur bis zum Ortsausgang Ammendorf, wo sie von der Polizei festgenommen und zu Verhören gebracht wurden.
In den 1980er Jahren waren es vor allem die Umweltprobleme im Chemiedreieck Halle-Leuna-Bitterfeld, die zunehmende Militarisierung der Gesellschaft, mit Wehrkundeunterricht an den Schulen, einem neuen Kindergartengesetz und einem neuen Wehrdienstgesetz (das die Rekrutierung von Frauen vorsah), Menschenrechte und Ausreiseproblematik, die kritische Bürgerinnen und Bürger beschäftigte und sie in frei gebildeten Gruppen zusammenführte.
Da freie Zusammenkünfte die Beteiligten der Gefahr von Strafverfolgung aussetzten und viele der Aktiven selbst Kirchenmitglieder waren, entstanden Gruppen unter dem Dach der Evangelischen Kirche, die allen Interessierten offenstanden:
- Frauen für den Frieden
- Ärzte zur Verhinderung eines Atomkrieges (Mitglied bei IPPNW)
- Ökologische Arbeitsgruppe (ÖAG)
- AG Homosexualität und Kirche
- AG Menschenrechte
- Kirche von Unten
- Solidarische Kirche
- Umweltbibliothek.
Es gab Friedenswerkstätten, die Aktion „Schwerter zu Pflugscharen”, Klagegottesdienste, Politische Nachtgebete, „Fasten für das Leben”, Punk-Konzerte, Protestaktionen gegen Saale-Verschmutzung, gegen Asphaltierung der Heide-Wege, Lesungen, Solidaritätskonzerte, Aktionen zum Weltfriedenstag (ein Kinderfest am 1.9.83 im Hof der Moritzkirche war begleitet von Verhaftungen von Mitgliedern der Vorbereitungsgruppe), Weltumwelttag (Aktion „Mobil ohne Auto”) und „Die BRÜCKE”, einen Stern-Marsch zum Abschluss der jährlich stattfindenden Friedensdekade, der 1987 erstmals auch mit Kerzen, Plakaten und anderen Friedenssymbolen von der Petruskirche (Kröllwitz), über die Bartholomäuskirche (Giebichenstein) und die Friedenskirche (Ludwig-Wucherer-Str. 39) zur Marktkirche zog. Um die Erhaltung denkmalgeschützter Bausubstanz sorgte sich der „Arbeitskreis Innenstadt” (AKI). In selbstorganisierten Arbeitseinsätzen sicherte eine Gruppe junger Leute mit provisorischen Mitteln vom Einsturz bedrohte Häuser und rettete dadurch einige Gebäude vor dem totalen Ruin (zum Beispiel Schmeerstr. 25, heute Sitz des AKI). Zivilcourage bewies auch die Archivarin der Jüdischen Gemeinde, Große Märkerstr. 13, als sie sich sich mit der Staatsmacht anlegte, indem sie das Ergebnis eigener Nachforschungen öffentlich machte: Die vom Staat eingesetzte Vorsitzende war nicht das Kind jüdischer Eltern, als das sie sich ausgab – sie diente der SED, um nach außen die Existenz einer jüdischen Gemeinde zu demonstrieren, nach innen aber jedes eigenständige jüdische Leben zu verhindern.
Die ÖAG druckte ab 1984 das „Blattwerk”.
Gegen Ende der achtziger Jahre wurden die „Nachtgebete” in der Marktkirche, später Gesundbrunnengemeinde (Diesterwegstr. 15), zu einem Treffpunkt für Ausreise-Antragsteller. Ab 1988 erschien auch eine gleichnamige selbstgedruckte Zeitung.
Nach der Zerschlagung der offenen Jugendarbeit in Halle-Neustadt, durch Verhaftung des Jugenddiakons (1983) ging diese Arbeit in der Christuskirche (Freiimfelderstr. 89) weiter, wo auch die ersten DDR-weiten Punker-Treffen stattfanden.
In der Georgenkirche (Glauchaer Str.77) 45 entstand 1988 eine Basisgruppe der Kirche von Unten, die dann im Herbst 1989 mit einer Mahnwache zum Informationszentrum für die Öffentlichkeit wurde.
Das Jahr 1989
Der Kommunalwahl 1989 folgte – aufgrund der Differenz zwischen öffentlichen Auszählungen in Wahllokalen und dem amtlich veröffentlichten Wahlergebnis – eine Anzeige wegen Wahlbetrug.
Und dann drehte sich auch in Halle das Rad der Geschichte, das seit dem 17. Juni 1953 scheinbar stillgestanden hatte:
11.09. 1989 Gründungsaufruf des Neuen Forums - Unterschriftensammlung für die Zulassung als politische Organisation über Kontaktadressen in privaten Wohnungen (Erstunterzeichner Marthastr. 12)
07.10.1989 Festnahmen auf dem Markt und 37 „Zuführungen” in die Garagen der Transportpolizei-Schule
09.10.1989 „Prügel-Montag” mit willkürlichen Festnahmen auf dem Marktplatz, Zuführungen, Mißhandlungen
10.10.1989 Mahnwache für die Inhaftierten auf dem Gelände der Georgenkirche
15.10.1989 Erste freie Bürgerversammlung in der Pauluskirche mit der Forderung „Gewaltfreiheit für unsere Stadt”
16.10.1989 Erste große, von der Polizei unbehelligte, Montagsdemo
26.10.1989 Öffentliches Bürgerforum im Volkspark, Burgstr. 27 mit 1300 Menschen in und 7000 vor dem Gebäude
05.12.1989 Besetzung der Bezirksverwaltung für Staatssicherheit
Seit 2006 erinnern 10 gusseiserne Bodenplatten, verlegt auf dem Fußweg des Handesrings, an die Montagsdemonstrationen des Jahres 1989. An die Verhafteten vom 7. und 8. Oktober erinnert seit 2019 eine Informationstafel in der Reideburger Straße 47.
Der Kommunalwahl 1989 folgte – aufgrund der Differenz zwischen öffentlichen Auszählungen in Wahllokalen und dem amtlich veröffentlichten Wahlergebnis – eine Anzeige wegen Wahlbetrug.
Und dann drehte sich auch in Halle das Rad der Geschichte, das seit dem 17. Juni 1953 scheinbar stillgestanden hatte:
Seit 2006 erinnern 10 gusseiserne Bodenplatten, verlegt auf dem Fußweg des Handesrings, an die Montagsdemonstrationen des Jahres 1989. An die Verhafteten vom 7. und 8. Oktober erinnert seit 2019 eine Informationstafel in der Reideburger Straße 47.