Richard-Wagner-Straße 11


Hier wohnte Bertha Bacher

Bertha Bacher wurde am 20. August 1863 in Magdeburg geboren. Sie war die Tochter von Julius und Caroline Bacher, denen das „Sporthaus Julius Bacher” in der Leipziger Straße 102 in Halle gehörte. Bevor sie nach Halle kamen, hatte das Ehepaar in Magdeburg ein „Manufactur- und Confectionsgeschäft” geführt. Bertha Bacher hatte fünf Geschwister: Hermann Hirsch (*1864-1942), Rosa Elsbeth (*1868-1943), Marianne Else (*1870), Walter (*1872-1918) und Paul, der 1877 im Alter von zwei Jahren starb.

Bertha Bacher war ledig und lebte bei ihren Eltern in Halle. Ihr Vater Julius verstarb 1891, ihre Mutter Caroline mit 94 Jahren 1930. Bertha Bacher wohnte fortan allein in der Wohnung in der Richard-Wagner-Straße 11.

Nach dem im April 1939 in Kraft getretenen "Gesetz über Mietverhältnisse mit Juden" durfte die ledige Bertha Bacher nun nicht länger mit „Ariern“ unter einem Dach wohnen. Sie musste in das angebliche „Jüdische Altersheim“ auf dem Grundstück des Jüdischen Friedhofs in der Boelckestraße 24 (heute Dessauer Straße) ziehen. In Wahrheit pferchte man hier jüdische Hallenser auf engstem Raum bis zu ihrer Deportation zusammen.
Außerdem zwang man Bertha Bacher, 23.000 RM auf ein „Sonderkonto H“ der unter staatlicher Kontrolle stehenden „Reichsvereinigung der Juden in Deutschland“ einzuzahlen und sich mit 18.750 RM und einem „Heimeinkaufsvertrag“ in das „Alters- und Siechenheim“ einzukaufen.

Am 19. September 1942 wurde sie mit 72 weiteren Juden aus Halle abtransportiert und einen Tag später von Leipzig aus in das „Ghetto” Theresienstadt deportiert. Dort starb Bertha Bacher am 12. Januar 1943 im Alter von 80 Jahren.

Die Gräber ihrer Eltern Julius und Caroline Bacher befinden sich auf dem Jüdischen Friedhof Humboldtstraße 52.

Bertha Bachers Nichte Lieselotte Wartenberg und deren Sohn Walter wurden in Auschwitz ermordet (→Schleiermacherstraße 13).

Bertha Bachers Schwester Rosa Elsbeth Peril geb. Bacher wurde am 4. Oktober 1942 von Berlin nach Theresienstadt deportiert, möglicherweise haben sich die Schwestern hier noch einmal gesehen. Rosas Tochter Alice Goss (geboren in Halle) war bereits 1936 in die USA ausgewandert. 1937 besuchte Rosa Peril sie in New York, kehrte aber zurück nach Deutschland. Ihre zweite Tochter Erna Irene war nach Shanghai geflohen und starb dort 1944. Ihr Sohn Julius Peril war nach Palästina ausgewandert, starb aber bereits 1942. Rosa Elsbeth Peril hat wie ihre Schester Bertha Bacher das Konzentrationslager Theresienstadt nicht überlebt, sie starb am 3. März 1944.
Kurz nach ihrer Mutter wurde Rosas dritte Tochter, Hildegard aus Berlin deportiert. Sie verließ die Stadt am 26.10.1942 in einem Transport nach Riga. Als Todesdatum wird der 29.10.1942 angegeben.

Berthas Bachers Schwester Marianne Else Hemmerdinger geb. Bacher wurde 1942 von Baden nach Frankreich in das Lager Gurs deportiert. Sie überlebte den Zweiten Weltkrieg und schaltete im April 1946 in der in New York erscheinenden Exil-Zeitung "Aufbau" folgende Anzeige:

RichardWagner11_Aufbau

Weitere Informationen

Das Leben in der Boelckestraße 24 – Auf den Spuren von Isidor und Frieda Hirsch
Ein Film von Inga Dauter, Doreen Hoyer und Elisabeth Schinner (2014, 13 Min)
Entstanden im Rahmen des Projekts „Stolpersteine – Filme gegen das Vergessen“ des Masterstudiengangs MultiMedia & Autorschaft an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, 2014

Quellen

Stadtarchiv Halle (Saale), Nachlass Gudrun Goeseke

Volkhard Winkelmann und ehemaliges Schülerprojekt "Juden in Halle" des Südstadt-Gymnasiums Halle (Hrsg.): Unser Gedenkbuch für die Toten des Holocaust in Halle. 3. Auflage (2008)
Eintrag zu Bertha Bacher

STOLPERSTEIN in Berlin für Hildegard Peril mit weiteren Informationen zur Familie